Umgang mit Betroffenen
Der Umgang mit Krankheit fällt generell schwer. Krankheiten wie Magersucht oder Bulimie konfrontieren uns mit Herausforderungen, wie sie bei keiner anderen Krankheit anzutreffen sind.
So gehört es zu den Besonderheiten der Anorexie, dass körperlich gesunde, junge Menschen allein durch selbstauferlegtes Hungern bis in den Bereich bedrohlicher Funktionsstörungen gelangen oder sogar sterben. Die Betroffenen verleugnen oftmalig ihren körperlichen Mangelzustand und dessen Folgen vor sich und der Umwelt. Konfrontiert mit den Herausforderungen dieser Erkrankung werden zumeist die Angehörigen.
Als erster Schritt ist es wichtig, das Problem anzusprechen. Planen Sie ein privates und ungestörtes Treffen. Nehmen Sie sich vor, direkt zu sein, aber vermeiden Sie nach Möglichkeit jeden Streit, da dadurch nur Widerstand und Ablehnung provoziert werden.
Beschreiben Sie in aller Ruhe ihre Beobachtungen und geben Sie der Betroffenen die Möglichkeit zu antworten. Fragen Sie die Betroffene, ob sie selbst Veränderungen bemerkt hat und ob sie etwas beunruhigt. Machen die Zeichen, die Sie wahrgenommen haben, ihr selbst irgendwelche Sorgen? Kann Sie sie erklären? Es kann sein, dass Sie als Angehöriger bei so einem Gespräch auf Abwehr, Verleugnung und Zorn stoßen. Seien Sie auf solche Reaktionen gefasst. Lassen Sie sich allerdings nicht in einen sinnlosen Streit hineinziehen. Auch wenn Sie sich abgelehnt fühlen, ziehen Sie sich wenn möglich nicht gekränkt zurück. Versuchen Sie der Betroffenen zu signalisieren, dass Sie ihr zugehört haben und versuchen Sie zu verstehen.
Wenn die Essstörung fortgeschritten ist, dann kommt es sehr häufig zu Störungen in der Kommunikation im Familiensystem. Machtkämpfe und direkte Konfrontationen führen meist zu noch mehr Anspannung innerhalb des Familiensystems. Diese Verhaltensweisen entstehen oftmalig aus Machtlosigkeit und dem intensiven Gefühl von Sorge um die Betroffene. Zur Entlastung des Familiensystems ist eine baldige Kontaktaufnahme mit professioneller Hilfe notwendig.
Schritt für Schritt zur Krankheitsbewältigung
- Informieren Sie sich über Essstörungen
- Führen Sie ein offenes Gespräch mit der Betroffenen. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen
- Ermutigen Sie die Betroffene zu einem Beratungsgespräch
- Veranlassen Sie eine ärztliche Untersuchung
- Kontaktieren Sie eine für Essstörungen spezialisierte Einrichtung
- Denken Sie auch an sich selbst
Wenn Sie die Betroffene ansprechen, behalten Sie die folgenden Punkte im Gedächtnis:
- Vermeiden Sie es, über Essen oder Gewicht zu diskutieren; darum geht es eigentlich nicht.
- Versichern Sie der Betroffenen, dass sie nicht alleine ist, und dass Sie sie gerne haben und ihr, wo immer Sie können, helfen wollen.
- Ermutigen Sie die Betroffene, Hilfe anzunehmen.
- Zwingen Sie die Betroffene niemals, etwas zu essen.
- Gehen Sie nicht auf das Körpergewicht oder das Aussehen der Betroffenen ein.
- Machen Sie der Betroffenen keine Vorwürfe, auch wenn Sie ärgerlich oder verzweifelt sind
- Seien Sie geduldig, eine positive Veränderung braucht Zeit.
- Streiten Sie nicht über das Essen.
- Hören Sie der Betroffenen zu, geben Sie keine übereilten Meinungen oder Ratschläge ab.
- Versuchen Sie nicht, die Rolle eines Therapeuten zu übernehmen.